Unter der Leitung der Profs. Martin Schwab und Armin Curt, Universität Zürich, ist die Europäische klinische Multicenter Studie NISCI (Nogo Inhibition in Spinal Cord) in der Schweiz gestartet.Die Studie untersucht, welchen Effekt die NOGO-Antikörper-Therapie auf die Regeneration von Nervenfasern und die funktionelle Erholung nach einer akuten Rückenmarksverletzung im Halsmark-Bereich hat. Insgesamt nehmen mehrere Kliniken in der Schweiz und in fünf Europäischen Ländern an der Studie teil.

Vor gut 30 Jahren begann der Neurowissenschaftler Prof. Dr. Martin Schwab (IRP Forschungsrat und Vize-Präsident 1996-2019) an der Universität Zürich sich der Frage zu widmen, warum Nervenfasern im Rückenmark und Gehirn nach einer Verletzung nicht wieder heilen. Mit Hilfe anatomischer und verhaltensbiologischer Experimente konnte der Forscher zeigen, dass ein Eiweissstoff namens NOGO in den Nervenfaserhüllen dafür verantwortlich ist, dass zerstörte Fasern nicht nachwachsen, d.h. regenerieren können.

Mit der Entdeckung des Nervenwachstumshemmers NOGO war ein wichtiger Grundstein für die Entwicklung eines Medikaments gelegt, welches den Erholungsprozess verbessern könnte.

Hierbei verfolgte Martin Schwab einen biologischen Ansatz: der Wirkstoff sollte das Eiweiss NOGO inaktivieren, sodas Wachstum une Regeneration der Nervenfasern angeregt werden und durch die Verletzung verlorene Funktionen wieder hergestellt werden können. Ein Antikörper, welcher NOGO spezifisch erkennt, daran bindet und somit die natürliche Funktion von NOGO blockiert, war daher der Wirkstoff der Wahl. Die Verwendung des NOGO-Antikörpers im Tierexperiment zeigte eindrucksvoll, dass die Nervenregeneration nach Verletzung des Rücken- marks wieder angeregt und verlorene motorische Funktionen wieder hergestellt werden können.

Diese bahnbrechenden Ergebnisse begeisterten nicht nur den Grundlagenforscher Martin Schwab, sondern auch die klinischen Kollegen in den Querschnitts- zentren und die Pharmaindustrie. Es folgte eine lang- jährige Zusammenarbeit zwischen Martin Schwab, dem Schweizer Pharmaunternehmen Novartis und dem europäischen, vom IRP unterstützten klini- schen Netzwerk EMSCI, geleitet von Prof. Armin Curt, Chefarzt Zentrum für Paraplegie, Universitätsklinik Balgrist Zürich. Es wurde ein NOGO-Antikörper ent- wickelt, welcher die strengen Qualitätsvorgaben der Zulassungsbehörden für Arzneimittel SWISSMEDIC erfüllte. So konnte eine europaweite klinische Phase-I-Studie mit NOGO-Antikörpern in 52 Patienten mit einer frischen Querschnittsverletzung durchge- führt werden. Ziel dieser Studie war es, die optimale Dosierung des Wirkstoffs im Menschen festzulegen sowie potentielle Nebeneffekte zu untersuchen. Die Ergebnisse der Studie waren durchweg positiv, sodass die Voraussetzungen für eine nachfolgende Wirksam- keitsstudie Phase II gegeben waren.

Martin Schwab und seine klinischen Kollegen entwi- ckelten eine Strategie, eine durch Forscher initiierte Wirksamkeitsstudie zu ermöglichen. Ihr Plan ging auf, und das EU Programm Horizon 2020 stellte die finan- ziellen Mittel zur Verfügung, um die Kosten für die kli- nischen Studien zu decken. ‚Wyss Zurich‘, das trans- lationale Forschungszentrum der ETH und Universität Zürich unterstützt das NOGO Projekt als Hersteller des Antikörpers ebenfalls mit mehreren Millionen Franken. Hierbei war nicht nur die finanzielle Unterstützung es- sentiell, sondern auch das Fachwissen der Mitarbei- tenden der Wyss Zurich und der dazugehörigen Platt- form für regenerative Medizin, um das NOGO-Projekt erfolgreich über die Hürden der regulatorischen Vor- gaben zu bringen.

Und die Mühen haben sich gelohnt: Das NOGO-Projekt hat die Bewilligung erhalten, die NISCI-Studie in der Schweiz zu starten. Die Genehmigung der deutschen Behörden wird für Sommer 2019 erwartet. In einem darauffolgenden Schritt werden die Bewilligungen für die Länder Italien, Spanien und Tschechien eingeholt, damit auch in diesen Ländern betroffene Personen in die NOGO-Studie eingeschlossen werden können.

Insgesamt ist die NOGO-Studie für einen Zeitraum von drei bis vier Jahren angesetzt. Diese Dauer ist not- wendig, um genügend Patienten zu untersuchen und am Ende klare Aussagen über die Wirksamkeit des Antikörpers machen zu können. Diese werden von den Betroffenen und der Fachwelt bereits jetzt mit grosser Neugierde und Spannung erwartet.

www.nisci-2020.eu

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